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Insekten - Beobachtungen beim Insektensommer im August 

Auf Platz eins, der am häufigsten gesichteten Insekten, kam wie in den meisten Vorjahren im August die Ackerhummel. Dies ist nicht überraschend, da diese pelzige Hummel häufig auf Wiesen sowie in Parks und Gärten anzutreffen ist. „Bis zum August wächst das Hummelvolk auf seine maximale Größe an und Jungköniginnen sowie Männchen beginnen auszufliegen“, erklärt die LBV-Biologin. Weiter in der Rangliste folgen diesen Hochsommer Kleiner Fuchs, Wildbiene, westliche Honigbiene und Tagpfauenauge. Die beiden hübschen Schmetterlingsarten fallen besonders bei sonnigem Wetter auf Blumenwiesen auf. Auch der Unterschied zwischen Wild- und Honigbienen ist – auch durch das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt – immer mehr Menschen in den letzten Jahren bekannt geworden. „Auch wenn man die auffälligen Bienen im Sommer oft gesehen hat, sollte man sich nicht täuschen lassen. Der lange und kalte Frühling hat viele Bienenvölker geschwächt und in einigen Regionen Bayerns fiel die Honigernte bis zum Sommer sehr schlecht aus “, berichtet Angelika Nelson.

 

Beim diesjährigen Insektensommer stand bei beiden Zählungen der Marienkäfer im Fokus. Naturfreund*innen waren aufgerufen, zu beobachten, ob sie mehr heimische Siebenpunkt-Marienkäfer oder mehr eingeführte Asiatische Marienkäfer entdecken können. „Im Gegensatz zum Juni wurde im August der Sieben-Punkt deutlich häufiger gemeldet. Er belegte bei den bayerischen Meldungen Rang 8, der asiatische Kollege fiel auf Rang 24 zurück“, berichtet Nelson. Doch den großen Vorsprung des Asiatischen vom ersten Zählzeitraum konnte der Siebenpunkt nicht mehr einholen, über beide Zählzeiträume ist er in 252 Meldungen zu finden, der asiatische in 302 Meldungen. Die LBV-Biologin erklärt weiter: „Das spricht für eine friedliche Koexistenz dieser beiden Arten. Der vor etwa 40 Jahren nach Deutschland zur Blattlausbekämpfung eingeführte Asiatische Marienkäfer hat den heimischen Siebenpunkt bisher nicht verdrängt. Trotzdem behalten wir die Entwicklung im Auge.“ 

 

Im Hochsommer, wenn die meisten Menschen die warmen Tage bis in den Abend auf Terrasse oder Balkon genießen wollen, fallen einem zum Stichwort Insekten oft die Störenfriede Wespen und Stechmücken ein. „Die einen wollen am Süßen mitnaschen, sich an Fleisch und Wurst ihr Eiweiß holen, die anderen suchen sich als Nahrung direkt unser Blut“, sagt Angelika Nelson. Zum Glück bevorzugen nur die Hälfte der Stechmückenpopulation, die Weibchen, die Blutnahrung. Die Ergebnisse des Insektensommers zeigen, dass in diesem Jahr weniger Wespen als in den Vorjahren unterwegs waren. „Das kalte und feuchte Frühjahr scheint auch den Wespen die Brut erschwert zu haben“, so Nelson. Das schwarz-gelbe Insekt landet in diesem August nur auf Rang 24 der gemeldeten Insekten. In den vergangenen Jahren war es stets in den Top Ten. „Im Durchschnitt wurden uns nur 3,8 Individuen gemeldet, in den Vorjahren waren es jeweils mehr als 10 Individuen pro Beobachtung“, berichtet die LBV-Biologin. Doch was den Wespen und Bienen zu schaffen gemacht hat, half der Entwicklung der Stechmücken: Deren Larven wachsen bei warmem Wetter in stehenden Gewässern heran und davon gab es dieses Frühjahr zahlreiche, auch aufgrund regionaler Hochwasser. Daher liegt die Stechmücke heuer mit im Durchschnitt 13 beobachteten Individuen auf Rang 30 und somit um einiges weiter vorne als in den Vorjahren, in denen sie in Bayern nicht über Rang 50 kam.


Insektenfreundlicher Garten 

„Wir freuen uns über das Interesse all jener, die mitgemacht haben, denn die Beobachtung und Bestimmung von Insekten ist aufgrund der Vielfalt dieser Tiergruppe durchaus eine Herausforderung“, sagt Angelika Nelson. Um die Sechsbeiner das ganze Jahr über besser kennenzulernen, hilft es den Garten oder Balkon insektenfreundlich zu gestalten. Gerade jetzt zum Ende der Blühsaison ist es wichtig, stehen zu lassen, was noch blüht. So können auch die Blüten von Kräutern wie Thymian oder Oregano wichtige Nahrung für Bienen und andere Insekten liefern, ebenso wie etwa Margeriten, wilde Nelkenarten oder Hundsrosen. 


Hintergrundinformationen Insektensommer

Die Daten der Zählaktion „Insektensommer“ werden in Zusammenarbeit mit der Plattform www.naturgucker.de erfasst. Mit dem „Insektensommer“ macht der LBV auf die enorme Bedeutung von Insekten aufmerksam. Durch Eingriffe der Menschen ist diese Tiergruppe stark gefährdet. In Deutschland gibt es etwa 33.000 Insektenarten, von denen viele schon auf der Roten Liste stehen. Im kommenden Jahr 2022 findet der Insektensommer vom 3. bis 12. Juni und vom 5. bis 14. August statt.

 

Mehr Infos unter www.lbv.de/insektensommer

 


Insektensterben beschleunigt sich - Internationales Fachsymposium in München zeigte Wege aus der Krise auf

 

mit einer Tagung im Münchner Schloss Nymphenburg beendete die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege ihr Schwerpunktjahr 2019 zum Thema „InsektenVielfalt“. Wissenschaftler, Verbandsvertreter und Interessierte diskutierten den aktuellen Stand von Forschung und Maßnahmen im Insektenschutz.

Das Interesse am Insektenschutz ist auch fast ein Jahr nach dem erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ für mehr Artenvielfalt groß: Mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen am 5. Dezember 2019 zum internationalen Fachsymposium „Insektenschwund – Wege aus der Krise“. Eingeladen zu der Veranstaltung im Hubertussaal im Münchner Schloss Nymphenburg hatte die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL). Das Symposium bildete den Abschluss einer Vielzahl von Veranstaltungen der Akademie zum Jahres-Schwerpunkt „InsektenVielfalt“.

„Wir sind jetzt in der wichtigen Etappe, in der aus dem Gesamtunternehmen eine Gemeinschaftsaufgabe wird“, stellte Alois Glück zu Beginn der Veranstaltung fest. Der langjährige Landtagspräsident und Landtagsabgeordnete berichtete über seine Erfahrungen als Moderator des „Runden Tisches“ zum Volksbegehren. Er sprach sich vor allem für mehr Beratung und Umweltbildung aus – vom Kindergarten bis zur Fachausbildung. Sorge bereitet Glück vor allem die innere Verfassung bäuerlicher Familien, die sich in ihrer Arbeit immer weniger wertgeschätzt fühlen. Er rief dazu auf, sich gegenseitig zuzuhören und sich bei den Verhandlungen zu Maßnahmen für mehr Insektenschutz in die Position des anderen hineinzuversetzen.

Wissenschaft bestätigt dringenden Handlungsbedarf und schlägt Maßnahmen vor

„Die Wissenschaft ist kein Gegner der Landwirtschaft“, betonte Andreas Segerer von der Zoologischen Staatssammlung in München. Seine Präsentation bildete den Auftakt zu einem Überblick über den aktuellen Stand der Forschung in sieben Vorträgen: Vorgestellt wurde unter anderem eine Studie der Technischen Universität München, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde. Sie bestätigt den massiven Rückgang der Insekten und zeigt, dass nicht nur die Insektenmasse, sondern auch die Artenzahl rückläufig ist. Auf den für Deutschland repräsentativen Untersuchungsflächen finden sich heute etwa ein Drittel weniger Insektenarten als noch vor zehn Jahren – und zwar im Grünland wie im Wald. Die größten Verluste sind auf Grünlandflächen zu verzeichnen, die von Ackerland umgeben sind.

In Bayern ist der Rückgang der Insektenarten seit langem bekannt. Selbst Naturschutzgebiete sind betroffen, wie das Beispiel Keilberg in der Nähe von Regensburg zeigt. Dort ist das Vorkommen von Schmetterlingen seit 250 Jahren dokumentiert und hat seither um 29 Prozent abgenommen. Insgesamt nimmt der Rückgang den Experten zufolge an Geschwindigkeit zu. Eine wesentliche Ursache dafür ist das Verschwinden von Lebensräumen oder deren nachhaltige Veränderung. Nach wie vor unterschätzt wird die bedeutende Rolle, die Stickstoffeinträge dabei spielen.

Eine wesentliche Maßnahme gegen das Verschwinden der Insekten ist der Erhalt von mageren Blumenwiesen. Darauf wies Andreas Fleischmann von der Botanischen Staatssammlung in München hin. Blühstreifen seien dafür kein Ersatz. Im Gegenteil – in der Nähe intensiv bewirtschafteter Flächen könnten sie Insekten sogar schaden, da sich Pestizide in Blühpflanzen mehr anreichern können als in Zielpflanzen auf dem Feld. Er plädierte dafür, Fördergelder vom Erfolg für mehr Naturschutz abhängig zu machen, da 80 Prozent der Klima- und Umweltmaßnahmen, die Landwirte im sogenannten „Greening“ der EU durchführen, im Hinblick auf mehr Artenvielfalt wirkungslos sind.

Weiter vorgestellt wurden neuartige Methoden, um den Rückgang von Insekten zu beurteilen, und Maßnahmen, wie Lebensräume wiederhergestellt werden können. Beispielsweise gibt es mit dem „EU all butterfly indicator“ inzwischen für Schmetterlinge einen Index wie für Aktien, der Bestandszahlen verschiedener Arten in den unterschiedlichsten Regionen Europas in einer Zahl zusammenfasst.

Wie aufwendig und kompliziert es ist, Lebensräume wiederherzustellen, zeigte ein Projekt zur Wiederansiedlung des „Wiesenbläulings“ aus den Niederlanden. Damit die Schmetterlingsart überleben kann, musste nicht nur eine Menge Erde abgetragen werden, um ein ehemaliges Feuchtgebiet wiederherzustellen, sondern ebenfalls sichergestellt sein, dass dort bestimmte Tier- und Pflanzenarten die richtigen Lebensbedingungen vorfinden, von deren Vorhandensein die Schmetterlingsart in ihrem Lebenszyklus abhängig ist. Insgesamt kostete die Wiederherstellung der Lebensräume mehr als 4 Millionen Euro – die Autoren betonten, dass es wesentlich sinnvoller und günstiger für die Gesellschaft sei, die noch intakten Lebensräume zu schützen. Dass die Renaturierung von Auen und Gewässern ein wichtiger Pfeiler in der Förderung der Insektenvielfalt ist, zeigte Kathrin Januschke von der Universität Duisburg-Essen. Der Erfolg von Maßnahmen hängt dort vor allem von den örtlichen Gegebenheiten ab. Entscheidend ist zum Beispiel, welche Insekten im Einzugsgebiet leben und wie hoch das Wiederbesiedlungspotenzial ist. Besonders interessant: Insgesamt reagieren Ufer- und Auenarten wesentlich schneller auf Maßnahmen als im Wasser lebende Arten. Dies sollte bei der Erfolgskontrolle berücksichtigt werden.

Wie Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Co-Vorsitzender im Weltbiodiversitätsrat berichtete, findet das Thema Insekten- und Artenschutz inzwischen bei den Politikern Gehör: Zu einer Information über den aktuellen Globalen Bericht des Weltbiodiversitätsrats war er bei Frankreichs Präsident Macron und bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eingeladen. Das beunruhigende Ergebnis der Auswertung, das ein Autorenteam aus 51 Ländern auf Grundlage einer Vielzahl von Studien erarbeitet hat: Mehr Arten von Pflanzen und Tieren als jemals zuvor in der menschlichen Geschichte sind vom Aussterben bedroht!

Podiumsdiskussion offenbart nach wie vor unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen

Die Lage für Insekten ist ernst. Darüber waren sich die Teilnehmer an der abschließenden Podiumsdiskussion einig. Unterschiedliche Vorstellungen zeigten sich jedoch hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen. „Bei den Bauern brodelt es“, stellte Martin Erhardsberger vom Bayerischen Bauernverband fest. Die Stimmung bei den Landwirten sei „ziemlich am Boden“. Es stimme nicht, dass Bauern grundsätzlich gegen strengere Umweltauflagen seien. Allerdings seien in letzter Zeit vom Einzelnen nicht mehr erfüllbare Gesetze verabschiedet worden. Zudem stünden die Ansprüche verschiedener Zielgruppen an Landwirte mitunter im Widerspruch.

Naturschutzverbände kritisierten, dass viel Potenzial in der Umsetzung ausgebremst werde. Dies zeige zum Beispiel der Streit, wo genau Gewässerrandstreifen beginnen – an Böschungsoberkante oder Uferlinie. Die gegenwärtige Debatte um die Streuobstverordnung weise ähnliche Reibungspunkte auf. Nach deren jetziger Fassung erhalten Wiesen nur dann gesetzlichen Schutz, wenn der Kronenansatz bei 75 Prozent der Obstbäume in einer Höhe von mindestens 1,80 m liegt. „Das Geschacher darf nicht sein“, betonte Christine Markgraf vom BUND Naturschutz, der gegenwärtig im Rahmen der europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ einen Ausstieg aus der Nutzung synthetischer Pflanzenschutzmittel bis zum Jahr 2035 fordert. „So bleiben wir notorisch im Umsetzungsrückstand. Wir müssen Landwirtschaft vollständig reformieren.“ Insgesamt müsse man weg von der flächenbasierten Prämie und Verteilung der Gelder im Gießkannensystem hin zu einer Prämierung von Arbeitskraft oder/und Förderungen für gesellschaftsrelevante, das Gemeinwohl und den Naturhaushalt fördernde Wirtschaftsweisen. Unterstützung erhielt sie mit dieser Forderung von der Vertreterin der Landesvereinigung für ökologischen Landbau, Cordula Rutz, und vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Laut Norbert Schäffer vom LBV sollten Landwirte nicht nur einen Ausgleich für Ertragsausfälle durch Naturschutzmaßnahmen erhalten, sondern zusätzlich für Leistungen für den Naturhaushalt bezahlt werden.

Weitgehende Einigkeit herrschte bei den Diskutanten aus Wissenschaft und Verbänden dagegen, dass Landwirte Planungssicherheit hinsichtlich der Zuwendungen und Vorschriften für Naturschutzleistungen brauchen. Wichtig seien außerdem faire Preise für landwirtschaftliche Produkte.


Eine vollständige Dokumentation der Veranstaltung erscheint in der nächsten Ausgabe der Fachzeitschrift ANLiegenNatur, die im März 2020 erscheint.

 

Mit freundlichen Grüßen

Evelin Köstler, Dipl.-Biologin
Leiterin Fachbereich 2 – Landschaftsentwicklung und Umweltplanung