Hallo Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer,
mit der Bewirtschaftung und Pflege Ihrer Wälder leisten Sie einen unschätzbaren Beitrag – für Natur, Wirtschaft und kulturelle Identität. Dafür möchten wir Ihnen herzlich danken.
Doch auch in der Forstwirtschaft haben Globalisierung und Strukturwandel deutlich Spuren hinterlassen. Die vergangenen Jahre standen im Zeichen massiver Veränderungen, und dieser Wandel wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen.
Konzentrationsprozesse prägen derzeit die gesamte Forst- und Holzwirtschaft. Die Zahl der Sägewerke ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen, und ein weiterer Rückgang ist absehbar. Immer stärker bestimmen internationale Konzerne den Markt und nehmen – wie bereits im Industrieholzsektor – erheblichen Einfluss auf die Preisbildung.
Ja, es wird immer schwieriger. Doch gerade deshalb sollten wir wieder über grundlegende Werte und über das Wesentliche nachdenken.
Denn der Wald ist weit mehr als ein Rohstofflieferant.
Er ist ein vielfältiger Lebensraum, in dem Bäume und Sträucher, Pilze, Moose und Flechten wachsen. Neben dem Wild leben unzählige weitere Tierarten im Wald. Diese Vielfalt, aber auch einzelne gefährdete Arten gilt es durch achtsame Bewirtschaftung und Naturschutz zu bewahren.
Gleichzeitig ist der Wald ein Ort der Erholung, an dem wir Kraft sammeln, Freizeit erleben und Natur erfahren können.
Das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen der verschiedenen Elemente im Ökosystem Wald bilden die Grundlage dafür, dass der Wald all diese Funktionen optimal erfüllen kann.
Haben wir das vergessen, im Zeitalter Strukturwandel und Globalisierung?
Tipps für Waldbesitzer
Das Belassen einzelner toter oder absterbender Bäume im Bestand ist aus waldökologischer Sicht sinnvoll. Abseits öffentlicher Wege besteht kein haftungsrechtliches Risiko für die Waldbesitzenden. Zudem weist stark überständiges oder vermorschtes Holz nur noch einen sehr geringen Heizwert auf und ist für die energetische Nutzung ungeeignet.
Totholz stellt grundsätzlich keine Brutstätte für die meisten forstlich relevanten Schadorganismen dar.
Eine Ausnahme bildet die Fichte: Frisch geschwächte oder absterbende Fichten können vom Buchdrucker und anderen Borkenkäferarten befallen werden. Diese Bäume sollten daher regelmäßig kontrolliert und bei Befallsverdacht rasch entnommen und fachgerecht behandelt (Entrindung oder Abfuhr) werden.
Fichten, die länger als ein Jahr tot sind, werden aufgrund der fehlenden physiologischen Eignung nicht mehr von Borkenkäfern besiedelt.
Ein zentralen Punkt moderner Waldbau- und Anpassungsstrategien:
Naturverjüngung ist – wo möglich – der künstlichen Pflanzung häufig überlegen, insbesondere unter den Herausforderungen von Klimawandel, Extremwetter und zunehmender Standortrisiken.
Warum das so ist:
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Standortangepasste Genetik:
Natürlich gekeimte Bäume stammen von Altbäumen vor Ort und sind somit bereits genetisch an die lokalen Bedingungen angepasst. Das erhöht ihre Vitalität und Stressresistenz. -
Überlegenheit in Trockenperioden:
Naturverjüngung bildet von Anfang an ein tiefreichendes, ungestörtes Wurzelsystem. Gepflanzte Setzlinge dagegen müssen erst anwachsen, was sie in Extremsommern deutlich anfälliger macht. -
Kosten- und Arbeitsaufwand:
Pflanzungen sind teuer, personalintensiv und oft nur mit Schutzmaßnahmen gegen Verbiss möglich. Naturverjüngung reduziert diesen Aufwand erheblich. -
Artenvielfalt und Resilienz:
Naturverjüngung fördert Mischbestände und Strukturvielfalt. Auch wenn dadurch Baumarten auftreten, die forstlich weniger erwünscht sind, trägt die erhöhte Biodiversität langfristig zur Stabilität des Ökosystems bei – ein entscheidender Faktor im Klimawandel. -
Ökologische Prozesse nutzen statt ersetzen:
Die Natur stellt ein enormes regeneratives Potenzial bereit, das oft unterschätzt wird. Dieses Potenzial – so wie Anna Schramm es fordert – voll auszuschöpfen, ist ökonomisch sinnvoll und ökologisch zwingend notwendig.
Baum-Arten auswählen?
Forstarbeiten sollten vorrangig in den Wintermonaten durchgeführt und möglichst bis Ende Februar abgeschlossen sein. Ab März beginnt die Brutzeit vieler Vogelarten. In dieser Phase besteht die Gefahr, dass durch Holzerntemaßnahmen Nester zerstört werden oder Jungvögel ums Leben kommen. Eine waldschonende Terminplanung trägt daher wesentlich zum Schutz der avifaunistischen Biodiversität bei.
Achten Sie darüber hinaus auf eine naturnahe Baumartenzusammensetzung. Die Förderung standortgerechter, seltener sowie historisch bedeutsamer oder in Vergessenheit geratener Baumarten erhöht die strukturelle Vielfalt und verbessert langfristig die ökologische Stabilität des Bestandes.
Achten Sie bei allen Arbeiten im Wald auf Bäume mit Vogelnestern bzw. Horsten.
Besonders Greifvogelhorste werden häufig über viele Jahre hinweg genutzt und besitzen daher eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung. Neben den geltenden gesetzlichen Schutzbestimmungen leisten Sie durch den Erhalt solcher Horstbäume zugleich einen wertvollen Beitrag zur Unterstützung der Landwirtschaft.
Ein einziges Mäusebussardpaar mit Jungen erbeutet in seinem Revier jährlich mehrere tausend Mäuse und trägt damit wesentlich zur natürlichen Regulierung von Feldmauspopulationen bei.
Auch der Habicht (Accipiter gentilis) ist ein ausgesprochen wirksamer und ökologisch bedeutender Prädator in Wald- und Agrarlandschaften. Seine Leistungen gehen weit über das reine „Beutefangen“ hinaus: Reduzierung von Krähen und Tauben, die auf Feldern erhebliche Schäden anrichten können. Der Habicht ist kein „Schädling“, sondern ein Schlüsselakteur im Waldökosystem.
Achten Sie auf Spechthöhlen!
Höhlenbäume dienen nicht nur Spechten als Brut- und Nistplatz, sondern stellen für zahlreiche weitere Tierarten – darunter viele Singvogelarten, Fledermäuse und verschiedene Kleinsäuger – einen unverzichtbaren Lebensraum dar.
Die Entfernung eines Höhlenbaumes kann zudem einen Verstoß gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen darstellen, da sämtliche belegten oder potenziell nutzbaren Fortpflanzungs- und Ruhestätten streng geschützt sind.
Auch höher abgeschnittene Baumstümpfe besitzen einen hohen ökologischen Wert: Sie werden bereits nach ein bis zwei Jahren von einer Vielzahl holzbewohnender Insekten besiedelt und wirken daher als attraktive Nahrungsquelle für Spechte.
Anfallende Astmaterial?
Bei der Aufarbeitung der Baumkronen kann das anfallende Astmaterial zu Haufen zusammengeschichtet werden. Solche Ast- und Reisighaufen stellen wichtige Mikrohabitate dar und bieten einer Vielzahl von Tierarten sichere Rückzugs-, Überwinterungs- und Fortpflanzungsstätten. Besonders Reptilien wie Waldeidechse oder Blindschleiche nutzen diese Strukturen als Versteck und thermoregulierenden Lebensraum. Auch Kleinsäuger, Amphibien sowie zahlreiche Insekten profitieren von solchen kleinteiligen Strukturen im Wald.
Das Belassen einzelner stärkerer Äste oder Stammstücke – besonders am Waldrand oder an lichtreichen Stellen – steigert die ökologische Vielfalt zusätzlich. Von der Sonne aufgewärmtes Totholz bietet ideale Bedingungen für wärmeliebende Arten. Schmetterlinge nutzen solche Plätze zum Aufwärmen vor dem Flug, Eidechsen zum Sonnenbaden und viele Insekten zur Energieaufnahme und Revierorientierung.
Darüber hinaus entwickelt sich Totholz im Laufe der Zeit zu einem Komplexhabitat:
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Holzbewohnende Käfer legen ihre Larvengänge im weicher werdenden Holz an,
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Pilze zersetzen das Substrat und schaffen neue Nischen,
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Spinnen und andere Kleintiere finden Schutz in Ritzen und Spalten.
Diese Strukturen bereichern das Nahrungsangebot für zahlreiche Vogelarten sowie für Kleinsäuger und andere Insektenfresser. Besonders Spechte profitieren von der hohen Dichte an holzbewohnenden Insekten und nutzen liegende Stammabschnitte oder Stubbengruppen sowohl als Nahrungsquelle als auch zur Anlage neuer Spechtlöcher.
Neben ihrem unmittelbaren Nutzen für die Tierwelt tragen Totholz und strukturreiche Asthaufen auch zur Bodenentwicklung und Humusbildung bei. Sie stabilisieren das Kleinklima, speichern Feuchtigkeit und unterstützen die Regeneration empfindlicher Waldstandorte.
